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Aktuelles

TiD 14 | Nutzen statt Besitzen – Rückschau

Transformationsdialog „Nutzen statt Besitzen“ 

Deutschland verbraucht so viele Ressourcen im Jahr, dass für deren Bereitstellung drei Erden notwendig wären.

Am 24. Juli 2025 ist der globale Erdüberlastungstag, dann sind alle Ressourcen aufgebraucht, die im Jahr 2025 der Menschheit rechnerisch zur Verfügung stünden. Mit der Berechnung des symbolischen Erdüberlastungstags wird verdeutlicht, wann alle natürlichen Ressourcen aufgebraucht sind, die die Erde innerhalb eines Jahres zur Verfügung stellen kann.

Es besteht also Zeit- und Handlungsdruck, um die planetaren Belastungsgrenzen zu wahren. Dafür ist es notwendig, dass Ressourcen in der Produktherstellung eingespart und wiederverwendet werden. Mit zirkulär designten Produkten werden Langlebigkeit, Reparierbarkeit und Ressourcenschonung zu ökologischen und wirtschaftlichen Erfolgsfaktoren.

Zentrale Fragen, die während des Transformationsidalog „Nutzen statt Besitzen“ diskutiert wurden, waren: Wann ist ein zirkuläres Geschäftsmodell wirtschaftlich attraktiv und bietet neue Chancen? Welche Rahmenbedingungen müssen dafür geschaffen werden?

Begrüßung: Prof. Dr. Guido Spars, Gründungsdirektor, Bundesstiftung Bauakademie

Moderation: Antonia Diel, Transformationsmanagerin Klimawandel und Circular City, Bundesstiftung Bauakademie

Die Bundesstiftung Bauakademie hat dazu vier Expert*innen eingeladen:

  • Ines Göbel, Zumtobel Group, Dornbirn, Österreich
  • Antonia Görg, W. u. J. Derix GmbH & Co., Niederkrüchten
  • Nora Sophie Griefahn, Cradle to Cradle NGO, Berlin
  • Patrick Hypscher, Circularity e.V., Berlin

Die Videodokumentation der Veranstaltung finden Sie in Kürze auf unserem YouTube-Kanal.

KONZEPTE DER KREISLAUFWIRTSCHAFT

Nora Sophie Griefahn, Co-Gründerin und geschäftsführende Vorständin Cradle to Cradle NGO, stellte das Konzept Cradle to Cradle (C2C) für einen positiven Fußabdruck vor. Mit dem von ihr vorgestellten Projekt aus Venlo, Niederlande, zeigte sie auf, dass die Planung von Gebäuden als Rohstoffbank auch einen wirtschaftlichen Vorteil über die Restwert-Berechnung bringt.

Im C2C Lab, dem Bildungszentrum und Büro der NGO, wurde ein Ort und Reallabor geschaffen, der kreislaufgerechtes Bauen auch im Bestand abbildet. Wichtig sei es für Unternehmen, ihre Produkte neu zu denken, inklusive ihrer Logistik. Die Überarbeitung des Produktportfolios oder Integration eines neuen Geschäftsmodells genüge nicht. Die Kreislaufwirtschaft bietet auch die Chance, Resilienz zu schaffen bei immer unsicheren Lieferketten.


Patrick Hypscher, Berater bei Circularity e.V. und Podcaster von Circularity.fm, stellte das Konzept Product-as-a-service (PaaS) vor, das auch Miet- und Abo-Modelle umfasst. Lohnen würde sich ein PaaS-Model häufig dann, wenn es sich um Produkte handelt, die mit einem hohen Anschaffungspreis und häufigen Reparatur-Arbeiten verbunden sind.

Er machte darauf aufmerksam, dass die Umsetzung eines PaaS-Konzepts zu einer Ressourcenschonung führen kann, aber nicht per se muss. Dieser sogenannte Rebound-Effekt bedeutet, dass die beabsichtigten positiven Umwelteffekte schlussendlich geringer sind als die tatsächlichen negativen Effekte.
Solange primäre, fossile Materialien noch günstiger als sekundäre sind, sind zirkuläre Geschäftsmodelle häufig noch im Nachteil – es brauche andere Preissignale und die Integration der Umweltkosten!


ZIRKULÄRE GESCHÄFTSMODELLE IN DER PRAXIS

Antonia Görg, Bau- und Wirtschaftsingenieurin bei Derix GmbH, stellte die bisherigen Erfahrungen im Wandel von linearer zu zirkulärer Praxis im Ingenieurholzbau vor. Als Nachhaltigkeitsmanagerin begleitet sie neue Geschäftsmodelle (Rücknahmeverpflichtungen) und monetäre Anreize (Emissionshandel) für die Derix-Gruppe.

Seit 2021 verpflichtet sich Derix freiwillig, alle Produkte nach deren Nutzung und Rückbau zurückzunehmen. Mit diesem Alleinstellungsmerkmal bietet sich die große Chance, ihre Lieferketten des verknappenden Rohstoffs Holz zu sichern. Angeregt zur Einführung der Rücknahmeverpflichtung wurde Derix durch das vorgestellte Bauprojekt „Circl“ in Amsterdam, Niederlande, wo diese Verpflichtung verbindlich gilt. Die kreislaufgerechte Planung, die lösbare Verbindungen und die Rückbaubarkeit aller Gewerke einschließt, ist für ein erfolgreiches zirkuläres Geschäftsmodel notwendig. Antonia Görg wies auch darauf hin, dass neue Finanzierungsmodelle und rechtliche Sicherheit sowie Normung für eine Skalierung entwickelt werden müssen.

Bei der Bauauftragsvergabe des Kreisarchivs in Viersen wurde der Erlass des Landes NRW umgesetzt, mit dem das Zuschlagskriterium „Kosten“ auf Basis der Lebenszykluskosten ermöglicht wird. Auf diese Weise hatte das zirkuläre Bauen einen preislichen Vorteil vor anderen Wettbewerber*innen, da ein Restwert nach einem Rückbau einkalkuliert und die reduzierten Kosten der Umweltbelastung einflossen.

Ines Göbel, Industriedesignerin bei Zumtobel Group, stellte deren Nachhaltigkeitsstrategie und Umsetzungserfahrungen vor. Mit der Einführung der internen Circular Design Rules kann die Zirkularität bei jedem Produktentwicklungsprozess verfolgt werden, denn Rückbaubarkeit beginnt im Design.

Im Rahmen eines Pilotprojekts lernte die Zumtobel Group viel über die Relevanz einer schonenden Demontage, ohne die eine Wiederverwendung der Produkte selten möglich ist und damit auch nicht skalierbar.

Ines Göbel machte darauf aufmerksam, dass Mietmodelle für Kommunen derzeit keine Lösung darstellen und es eine Überarbeitung der Abschreibungslogik benötigt.

Die Panelist*innen sprachen sich für mehr Mut aus zu beginnen, auch wenn nicht alle Fragen beantwortet sind. Wissen könne besonders während der Umsetzung gewonnen werden und Fehler sollten als Lernquelle gesehen werden. Beim Aufbau zirkulärer Geschäftsmodelle sei es wichtig, sich intensiv mit den Bedürfnissen der eigenen Kund*innen auseinanderzusetzen und auch mit nachgelagerten Service-, Reparatur- und Rückbaudienstleistenden, um das erfolgversprechendste Model zu finden und einen negativen Rebound-Effekt zu vermeiden. 

© Bundesstiftung Bauakademie, Fotos: Anke Illing