Am 15.11.2023 veranstaltete die Bundesstiftung Bauakademie ihren vierten Online-Dialog. „Closed Loop: Flachglas“ war dieses Mal der Titel der Veranstaltung. Ziel war es mit diesem materialspezifischen Fokus besondere Herausforderungen und passgenaue Lösungen aufzudecken und somit die Kreislauffähigkeit von Flachglas zu beschleunigen.
„Wie gelingt ein geschlossener Materialkreislauf von verwendetem Flachglas ohne Qualitätsverlust?“ war die Leitfrage des Abends. Dieser ging die Moderatorin Antonia Diel mit 4 Gästen aus unterschiedlichen Disziplinen nach - aus der Flachglas-Produktion, der Forschung, dem Rückbau und der Planung.
In den drei Impulspräsentationen sowie in der anschließenden Diskussion wurden beispielhaft an diesem Material Fragen der Logistik, Regulatorik, Ökonomie, Ästhetik und Forschung beleuchtet.
Prof. Dr. Linda Hildebrand, Juniorprofessorin für Rezykliergerechtes Bauen an der RWTH Aachen und Mitgründerin der Concular GmbH, stellte ihre Forschungsergebnisse und Erkenntnisse aus der internationalen Initiative CircuClarity vor. So konnte sie berichten, dass bereits viele Unternehmen ihre neuen Produkte entsprechend dem Ansatz „Design-for-disassembly“ herstellen. Die Wiederverwendung und Aufbereitung von Systemen, Komponenten und Materialien wird somit heute für morgen mitgeplant und erleichtert. Demgegenüber stellt ihrer Meinung nach der Re-use von bereits verbauten Bauteilen eine viel größere Herausforderung dar. Noch bestehen große Kenntnislücken beim Finden dieser Bauteile. Chancen sieht Linda Hildebrand in der Identität und dem ästhetischen Reiz in der Gebäudeplanung mit sekundären Bauteilen.
Franz Parulewski, Circular Economy Manager für Saint-Gobain Glass in Deutschland, machte auf die hohen Reinheitsanforderungen an das Flachglas Rezyklat aufmerksam, auch wenn technisch bereits vieles sortiert werden kann. Die Verfügbarkeit von Flachglas-Scherben ist noch sehr begrenzt. Franz Parulewski stellte das Engagement von Saint-Gobain im Aufbau neuer Kooperationen und angepasster Prozesse in der Logistik dar, um die Verfügbarkeit und den Einsatz von Sekundärrohstoffen zu erhöhen.
Ralf Pietsch, Geschäftsführer des Abbruchverband Nord e.V., vertrat die Perspektive von Rückbau- und Sanierungsunternehmen. Deren frühzeitige Einbindung in den Planungsprozess sowie die Feststellung von Nachnutzungspotentialen von Bauteilen und Materialien hob er in seinem Impuls hervor. Ebenso sind praxistaugliche Lösungen, der Abbau von Regeln bzw. deren Vereinfachung aus Sicht von Ralf Pietsch wesentlich für eine erfolgreiche Transformation. Zudem schlug er Lösungsansätze, wie die Etablierung von zentralen Bauhöfen sowie Förderungen und Steuererleichterungen vor.
Jörg Finkbeiner, Geschäftsführer von Partner und Partner Architekten, berichtete von seinen Erfahrungen beim Einsatz von sekundären Bauteilen in der Planung. Dabei ist insbesondere die zeitliche Koordination herausfordernd, weil der Entwurfsprozess extrem abhängig von erhältlichen Ressourcen ist. Für Jörg Finkbeiner sind eine neue Logistik, Änderungen im Abfallrecht und ein Mindshift der gesamten Branche notwendig.